FamiliengartenÜber das Thema Familiengärten in St.Gallen ist in letzter Zeit im Tagblatt einiges geschrieben worden. Sowohl von Seiten der Redaktion als auch in Form von Leserbriefen. Insbesondere der Familiengarten Grossacker bewegt die Gemüter. Auch ich fände es bedauerlich, wenn diese grüne Oase aus meinem Wohnquartier verschwinden würde.

Die deutsche Soziologin und Autorin Christa Müller erforscht seit mehr als 15 Jahren den Trend „Urban-Gardening“ und hielt im vergangenen Jahr einen Vortrag in St.Gallen. Sie vertritt die These, dass in westlichen Grossstädten ein neues Verständnis für das Stadtleben entsteht und dass dabei Gärten eine wichtige Rolle spielen. Viele Städter haben das Bedürfnis, selber Blumen und Gemüse anzupflanzen, ihnen beim Wachsen zuzusehen, das Gemüse zu ernten und frisch in der Küche zu verarbeiten. Darüberhinaus sind Schreber- und Familiengärten wichtige Orte der Begegnung und der Erholung, die zunehmend als genuiner Bestandteil einer Stadt verstanden werden.

Natürlich muss die Stadt den Wünschen der wachsenden Bevölkerung nach einer bedürfnisgerechten öffentlichen Infrastruktur nachkommen. Wenn aber ein traditionell verwurzelter und beliebter Familiengarten kurzum neuen Parkplätzen weichen soll – wie dies aktuell beim Familiengarten Grossacker geplant ist – kommt dabei ein Nullsummenspiel heraus. Zwar profitieren auf der einen Seite Spitalpersonal und Eltern, die Kinder ins Kinderspital bringen, von komfortablen Parkmöglichkeiten. Auf der anderen Seite verlieren die Mitglieder des Familiengartens und das Quartier selber an Lebensqualität. Dieser Verlust lässt sich mit einem Ersatzareal für den Familiengarten, das ausserhalb des Quartiers liegt, nicht einfach so wett machen.

Ich bin zudem der Ansicht, dass es sinnvoller ist, die von Vereinen liebevoll gepflegten Familiengärten zu erhalten, als diese den betonträchtigen Bauvorhaben zu opfern, um hinterher wieder das Ortsbild mit Blumentrögen, -beeten und Bäumen auf Kosten der Stadt aufzuwerten.
Mein Anliegen ist es, dass die unterschiedlichen Bedürfnisse der Bevölkerung sorgfältig miteinander abgewogen werden, bevor Pachtverträge für öffentliche Bauten aufgekündigt und für Erweiterungsbauten freigegeben werden.

Stefan Grob, CVP St.Gallen